Bis jetzt schien es so, als sie die Empörung über den Überwachungsskandal Sache der Bevölkerung, der Medien und der Datenschutzaktivisten. (Vor allem Regierungs-) Politiker interessierten sich nicht wirklich dafür, wiegelten ab, erklärten den Skandal für beendet.
Auch die Kanzlerin? Auch die Kanzlerin!
Das änderte sich diese Woche schlagartig, als bekannt wurde, dass Angela Merkel — genau wie 35 andere Regierungschefs — höchstpersönlich überwacht worden sein soll. Das schreiben zumindest die Magazine Spiegel und Guardian, die von Whistleblower Edward Snowden mit Erste-Hand-Informationen versorgt werden.
Angela Merkel hat zwar sofort beim großen Bruder Barack Obama angerufen, Konsequenzen haben die USA aber wohl nicht zu befürchten und auch ein Untersuchungsausschuss in Deutschland wurde abgelehnt. Zumindest auf EU-Ebene tut sich etwas: Frankreich und Deutschland sollen bis zum Gipfel im Dezember über mögliche Erkenntnisse im Spähskandal berichten.
Verräter und wichtiger Zeuge
In einem Interview für ein Blog des US-Verteidigungsministeriums hat der Chef des NSA-Geheimdienstes, Keith Alexander, noch einmal bekräftigt, dass es keinen Grund gäbe, den Whistleblower Edward Snowden zu feiern. Er werde Menschenleben auf dem Gewissen haben und dem Land erheblichen und irreparablen Schaden zufügen, so Alexander.
Enthüllungsreporter und Snowden-Vertrauter Glenn Greenwald gibt dagegen auf Twitter zu bedenken: Wenn die europäischen Regierungen froh sind, von der NSA-Überwachung zu erfahren, vielleicht sollten sie ihre Quelle dann auch vor Verfolgung schützen.
Kirchenaustritte und Grippeviren
Das Google-Suchanfragen wichtige Informationen bergen können, ist bekannt: Wissenschaftler nutzen die Informationen über die Häufigkeiten von Suchanfragen mittlerweile, um Vorhersagen über den Verlauf von Krankheitswellen zu machen. Derzeit häufen sich Suchbegriffe wie “Kirchenaustritt” oder “Kirche austreten“.
Der Trend ist seit der ersten Oktoberwoche zu beobachten. Damals gab es erste Aufregung um mögliche Verschwendung von Kirchengeldern in Millionenhöhe im Bistum Limburg. Wenn man dem Google-Orakel glauben darf, könnte der Eklat um Bischof Tebartz van Elst als vielleicht schwerwiegende Konsequenzen für die ganze Kirche haben.
Foto: “Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. — Stop Watching Us, Berlin, 27.07.2013” von mw238 unter (CC BY-SA 2.0)